Je nach Dachform muss man einen Grat mit einem Gratsparren ausbilden. Dieses Bauteil gehört zu den arbeitsintensivsten Bauteilen an einem Dach. Selbst ein (digitaler) zeichnerischer Entwurf hat so seine Tücken.
Was bedeutet „Gratsparren“? tl;dr
Der „Gratsparren“ ist ein komplexes Bauteil am Dach, welches an einem Grat platziert wird. Die Dachsparren (Erklärung zu dem Begriff „Sparren“) bilden das Hauptgerüst eines Daches. Je nach Dachform ist eine besondere Art Sparren notwendig. Um beispielsweise ein Walmdach zu bauen und den Grat auszubilden, muss man einen Gratsparren herstellen.
In diesem Artikel zeige ich dir, was ein Gratsparren ist und wie Zimmerer ein solches Bauteil planen und vorbereiten.
Warum braucht man das eigentlich?
Es gibt unzählige Dachformen. Unter anderem Zelt-, Walm-, Krüppelwalm, Fußwalm-, Falt-, Rohmbendächer. Die meisten dieser Dachformen haben mindestens zwei Dachflächen, die sich überschneiden.
Ein einfaches Walmdach sieht zum Beispiel so aus:
© Samuel J. Schneider BAUBEAVERDie Herausforderung ist also der Grat. Bei einem einfachen Satteldach braucht man lediglich Normalsparren. Bei einem Walmdach benötigt man jedoch weitere Bauteile, um diese Dachform zu konstruieren. Unter anderem einen Gratsparren.
Was bedeutet „Sparren“? tl;dr
„Dachsparren“ oder auch einfach „Sparren“ sind Konstruktionshölzer, die die Dachhaut tragen und vom First bis zur Traufe verlaufen. Sparren können je nach Konstruktion unterschiedlich angeordnet werden. Typisch ist jedoch die rechtwinklige Anordnung zum Firstbalken bzw. Schwellenholz.
Dachsparren liegen auf zwei oder mehreren Punkten auf. Je nach Konstruktion und Design kann ein Dachsparren auch einen Kragarm haben.
So ein Gratsparren muss aus weiteren Gründen konstruiert werden. Wie oben erwähnt sind die statischen Erfordernisse die wichtigsten. Abgesehen davon braucht man dieses Bauteil aber auch für die Zwischensparrendämmung, die Ausbildung der Unterkonstruktion und für Befestigungspunkte beim Dachaufbau (z.B. Konterlattung).
Draufsicht
In dieser Zeichnung habe ich die Gratsparren mit Pfeilen markiert. Zur Übersicht hier noch einmal eine kleine Legende:
- Grün: Pfetten und Zangen
- Blau: Normalsparren
- Grau: Gratsparren
© Samuel J. Schneider BAUBEAVER3D-Ansicht eines Gratsparrens
Und hier noch eine 3D-Ansicht:
© Samuel J. Schneider BAUBEAVERIn dieser Ansicht sieht man die Grat- und die Normalsparren. Gratsparren sind länger und flacher als Normalsparren. Normalsparren sind in der Regel senkrecht angeordnet und schmiegen sich an den Gratsparren an.
Grundsätzlich schraubt man den Normalsparren an den Gratsparren. Ist der Dachstuhl nicht sichtbar, dann ist das nicht weiter dramatisch. Aber bei sichtbaren Dachstühlen sind solche Schrauben nicht sehr ansehnlich. Deswegen verfolgt man seit einigen Jahren einen anderen Ansatz: Schwalbenschwanzverbindungen.
Für viele Zimmerer ist allein schon der normale Schifterschnitt eine kleine Herausforderung und sehr zeitintensiv. Ein manueller Abbund der Schwalbenschwanzverbindung ist jedoch nicht wirtschaftlich. Deshalb bedient man sich moderner Abbundanlagen. Das Aufrichten wird dadurch um ein Vielfaches vereinfacht.
Die Traufausbildung wird ebenfalls in der Flucht der Normalsparren ausgebildet. Eine typische Ausführung ist zum Beispiel der Hexenschnitt:
© Samuel J. Schneider BAUBEAVEREin solcher Hexenschnitt entsteht, wenn am Normalsparren kein senkrechter oder waagrechter Abschnitt erfolgt.
Statische Berechnung
Jedes Bauteil muss im Vorfeld statisch berechnet werden. Auch der Gratsparren. Ein solcher Nachweis sieht zum Beispiel so aus:
© Samuel J. Schneider BAUBEAVERAbbundplan
Um einen Gratsparren auszuarbeiten oder abzubinden, braucht man einen „Abbundplan“.
Was bedeutet „Abbund“? tl;dr
Mit dem Begriff „Abbund“ oder „Abbinden“ bezeichnen wir im Zimmererhandwerk das Vorbereiten von Holzkonstruktionen. Dabei werden alle Hölzer vorbereitet, maßgerecht angerissen, bearbeitet, zusammengepasst und gekennzeichnet. Diese verschiedenen Schritte werden mit dem Begriff „Abbund“ zusammengefasst.
Nachfolgend habe ich eine Beispielzeichnung eines Gratsparrens. Mit dieser Zeichnung und den nötigen Werkzeugen ist es möglich, einen Gratsparren zu fertigen.
© Samuel J. Schneider BAUBEAVERIn vielen Ländern wie zum Beispiel in Neuseeland, Kanada oder auch Ländern in Südamerika werden keine Alphawinkel genutzt. Aus diesem Grund sind Fertigungszeichnungen nötig. Dieses sehen für dieses Bauteil so aus:
© Samuel J. Schneider BAUBEAVERSolche Pläne sind natürlich purer Luxus. Wenn du versuchen möchtest, ein solches Bauteil selbstständig zu zeichnen oder zu berechnen, würdest du einige Stunden nur an der Planung sitzen. Moderne Abbundprogramme erleichtern die Arbeit ungemein. Allerdings kostet die Einarbeitung in ein solches Programm einiges an Zeit und die Programme selbst haben auch ihren Preis.
Fazit
Ein Gratsparren gehört zu den komplexesten Bauteilen an einem Dach. Es muss nicht nur an eine stärkere Dimensionierung gedacht werden, sondern auch an einen erhöhten Planungs- und Ausführungsaufwand.
Natürlich kann man einen Gratsparren selbstständig zeichnen und berechnen. Wenn es dich interessiert, wie man das macht, würde ich mich freuen, wenn du das in die Kommentare schreibst. Ich würde dann eine separate Anleitung zu dem Thema veröffentlichen.
Wenn dir der Artikel geholfen hat, würde ich mich über einen Kommentar freuen. Das motiviert mich, weitere Fachartikel zu veröffentlichen.
Materialien
- Passende Hölzer: entscheide dich hier für hochwertiges und belastbares Holz, wie Fichten- oder Kiefernholz. Die Dimension des Holzes hängt von der Größe und Belastung deines Daches ab.
- Schrauben/Nägel: Verwende unbedingt spezielle Schrauben oder Nägel, die für Holzkonstruktionen geeignet sind. Achte auf Qualität, sie müssen einiges aushalten.
- Holzleim: Holzleim ist eine zusätzliche Sicherheit bei der Verbindung der einzelnen Bauteile. Der Leim sollte wasserfest und für den Außeneinsatz geeignet sein.
- Wetterschutz: Zum Schutz des Holzes vor Witterungseinflüssen empfehle ich, das Holz vor dem Zusammenbau mit einer geeigneten Lasur zu behandeln.
Werkzeuge
- Handkreissäge: Ein unverzichtbares Werkzeug, um das Holz auf die richtige Länge zu bringen. Sie sollte präzise und zuverlässig sein.
- Akkuschrauber: ebenfalls ein Muss in deiner Werkstatt. Zum Zusammenfügen der einzelnen Teile des Gratsparrens.
- Holzbohrer: Für Vorbohrungen im Holz, damit das Einschrauben leichter fällt und das Holz nicht splittern kann.
- Wasserwaage: für exaktes Arbeiten unerlässlich. Du willst ja keinen schiefen Sparren auf dem Dach haben.
- Zollstock und Bleistift: Messen, markieren, nochmals messen. Der Zollstock und der Bleistift sind deine ständigen Begleiter bei dieser Arbeit.
- Arbeitshandschuhe und Sicherheitsbrille: Sicherheit geht vor! Denke also auch an deine PSA (Persönliche Schutzausrüstung).
- Winkel: Um exakt die richtigen Winkel zu erreichen, solltest du immer einen guten Winkel zur Hand haben.
Was ist der Unterschied zwischen einem Gratsparren und einem Normalsparren?
Der Gratsparren liegt am Grat des Daches und verbindet die beiden Dachflächen, während der Normalsparren von der Traufe zum First läuft und das Hauptgerüst des Daches bildet.
Welches Holz sollte ich für den Gratsparren verwenden?
Für den Gratsparren eignen sich verschiedene Holzarten. Fichte oder Kiefer sind die gängige Wahl, weil sie eine gute Mischung aus Stabilität und Kosten bieten. Das Wichtigste ist, dass das Holz eine ausreichende Festigkeit hat und entsprechend behandelt wird, um es vor den Elementen zu schützen.
Wie lange dauert es, einen Gratsparren zu bauen?
Die Zeit, die es dauert, einen Gratsparren zu bauen, kann stark variieren. Es hängt von deiner Erfahrung, deinen Werkzeugen und der Größe und Komplexität deines Projekts ab. Als grobe Schätzung könntest du zwischen einem halben und einem ganzen Tag einplanen.
Wie befestige ich den Gratsparren am Dach?
Der Gratsparren wird mit den anderen Sparren und der Pfette verbunden, meistens durch Schrauben oder Nägel. Eine zusätzliche Sicherung durch Holzleim kann hilfreich sein.
Kann ich einen Gratsparren selbst bauen oder sollte ich einen Fachmann beauftragen?
Ob du einen Gratsparren selbst bauen kannst, hängt von deiner Erfahrung, Ausbildung und deinen Fähigkeiten ab. Wenn du handwerklich geschickt bist und dich mit Holzarbeiten auskennst, kannst du es natürlich selbst versuchen.
In Deutschland ist es grundsätzlich möglich, als Heimwerker oder Hobbyhandwerker an seinem eigenen Heim Bauarbeiten durchzuführen, sofern sie den gesetzlichen Bestimmungen und Bauvorschriften entsprechen. Bei komplexen Projekten, wie dem Bau eines Gratsparrens, ist es allerdings ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt besonders, wenn du wenig Erfahrung mit solchen Arbeiten hast.
Der Bau eines Gratsparrens erfordert ein gutes Verständnis von Bauplänen, eine korrekte Ausführung und in vielen Fällen auch eine statische Berechnung. Fehler können dazu führen, dass die Stabilität des Daches nicht gewährleistet ist, was schwere Folgen haben kann.
Wenn ein Hobbyhandwerker einen Gratsparren selbst baut, sollte dieser unbedingt von einem Fachmann überprüft werden. In Deutschland ist es üblich, dass bei größeren Baumaßnahmen ein Prüfstatiker die Arbeiten abnimmt. Dabei wird kontrolliert, ob die Arbeiten fachgerecht und gemäß den statischen Anforderungen ausgeführt wurden.
Sollte der Gratsparren nicht den Anforderungen entsprechen, muss er entsprechend nachgebessert oder im schlimmsten Fall ersetzt werden.
Deshalb rate ich dir, dich vor Beginn des Projekts gut zu informieren und im Zweifel lieber gleich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Muss ich beim Bau eines Gratsparrens bestimmte Vorschriften beachten?
Ja, beim Bau eines Gratsparrens musst du verschiedene Vorschriften beachten, zum Beispiel in Bezug auf die statische Sicherheit des Daches. Informiere dich vor Beginn des Projekts am besten gründlich darüber.
Wie berechne ich die richtige Größe und Form für meinen Gratsparren?
Die Berechnung der richtigen Größe und Form deines Gratsparrens ist ein komplexer Prozess, der eine gute Kenntnis der Dachkonstruktion und Statik erfordert. Dafür gibt es spezielle Software, oder du lässt es von einem Fachmann berechnen. Weitere Erklärungen dazu findest du oben im Artikel.
Auch uns Zimmerern passieren stellenweise Fehler. Das ist zwar ärgerlich, aber lässt sich meistens vermeiden, wenn man sich etwas Zeit nimmt und auf ein paar Dinge achtet. Hier einige Tipps, damit du diese Fehler von vornherein vermeiden kannst:
Falsche Befestigung:
Das ist wahrscheinlich der häufigste und gleichzeitig gravierendste Fehler. Ob du Schrauben oder Nägel verwendest, das Anbringen des Sparrens muss korrekt ausgeführt werden. Ein nicht richtig befestigter Sparren kann nicht nur die Statik des Daches gefährden, sondern stellt auch eine Gefahr für dich und andere dar.
Unzureichende Planung:
Eine ausreichende und genaue Planung ist das A und O. Hast du alle Maße im Blick? Sind alle Winkel korrekt berechnet? Jeder Millimeter und jeder Grad zählt. Schon kleinste Ungenauigkeiten können den gesamten Bauablauf durcheinanderbringen. Also nimm dir genug Zeit für eine gründliche Planung.
Falsche Materialwahl:
Achte auf die Qualität und das richtige Material für deine Sparren. Billiges oder falsches Holz kann schnell zu Problemen führen. Der Gratsparren hat schließlich eine tragende Funktion. Deshalb solltest du immer auf hochwertige Materialien setzen, auch wenn es etwas mehr kostet.
Vernachlässigen der Sicherheit:
Sicherheit geht vor! Beim Arbeiten mit schweren Materialien und scharfen Werkzeugen kann schnell etwas passieren. Ein falscher Schritt, eine Unachtsamkeit und schon hast du dir eine Verletzung zugezogen. Deshalb immer auf sichere Arbeitsbedingungen achten.
Unterschätzen der Komplexität:
Letztlich ist es wichtig zu verstehen, dass die Konstruktion eines Gratsparrens eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Selbst für erfahrene Zimmerer ist das kein Kinderspiel. Unterschätze also nicht die Komplexität dieser Aufgabe.
Hallo,
vorab danke für die guten Hinweise. Ich hätte eine Frage: Gibt es in so einem Walmdach keine Dachpfosten? Worauf lagert denn der mittlere und obere Pfetten?
Vielen Dank
trust114
Hey Samuel, eine tolle Seite hast du hier.
Ich bin gerade in einer Ausbildung zum Zimmerer und in ein paar Wochen auch im praktischen Teil mit dem Herstellen eines Gratsparrens konfrontiert, die Theorie dazu gab’s allerdings noch nicht dazu. (Die Ausbildung ist Inhaltlich leider nicht logisch aufbauend/ineinandergreifend, auch durch Corona bedingt.) Ninja
Ich würd mich also riesig freuen wenn du Zeit für einen Beitrag findest und hier ein wenig mehr zum zeichnen/anreißen zu lesen ist.
Gute Grüße,
Daniel
Hi Daniel,
eine Super-Idee! Werd ich machen…
Plane gerade ein Walmdach für mein Gartenhaus. Toller hilfreicher Artikel.
Nun hätte ich auch sehr gerne den erwähnten Artikel zum Gratsparren bzw und oder zum Hexenschnitt.
Gibts es eigtl eine möglichst „kostenlose“ Software zum berechnen solcher Dachstühle?
Viele Grüsse
Marcus
Hi Marcus,
jep. Schau dir mal meinen Artikel zum Thema Abbundprogramme an. Da hab ich einiges notiert….
Vielen Dank
Gerne 😉