Die 5 wichtigsten Versatz-Arten

Im Holzbau darf ein Versatz nicht fehlen. Mit dieser zimmermannsmäßigen Holzverbindung kann man schwere Lasten abtragen und Bauten aussteifen.

Üblicherweise sieht man solche Versatz-Techniken vorwiegend bei Sparrendächer, Kehlbalkendächer oder Fackwerkbauten.

Wie wirken die Kräfte bei einem Versatz?

Nehmen wir das Beispiel eines Kehlbalkendachs:

Die anfallenden Druckkräfte, die über die Sparren kommen, werden über den Stirnversatz an die Balkenlage weitergeleitet. In dem Fall haben wir am Sparren Druckkräfte und an der Balkenlage Zugkräfte.

Was bedeutet „Sparren“? tl;dr

Dachsparren“ oder auch einfach „Sparren“ sind Konstruktionshölzer, die die Dachhaut tragen und vom First bis zur Traufe verlaufen. Sparren können je nach Konstruktion unterschiedlich angeordnet werden. Typisch ist jedoch die rechtwinklige Anordnung zum Firstbalken bzw. Schwellenholz.

Dachsparren liegen auf zwei oder mehreren Punkten auf. Je nach Konstruktion und Design kann ein Dachsparren auch einen Kragarm haben.

Dieses Beispiel soll verdeutlichen, welche Kräfte bei einem Versatz wirken. Das ist schon bei der Planung wichtig.

Warum?

Darauf gehe ich später ein – starten wir als Erstes mit dem ersten Versatz.

Der Klassiker: Stirnversatz

Bei einem Stirnversatz bekommt das aufnehmende Kantholz eine keilförmige Ausklinkung. In dieser Ausklinkung wird der Druckstab eingepasst.

Dabei bildet die Stirnfläche die Winkelhalbierende des stumpfen Außenwinkels. In der Regel wird zusätzlich ein Heftbolzen eingesetzt, der das seitliche Verschieben verhindert. Auch dieser Heftbolzen sollte in demselben Winkel wie die Stirnfläche angeordnet sein.

Die Tiefe der Stirnfläche beträgt 1⁄6 bis 1⁄4 der Kantholzstärke.

Die Scherfläche sollte mindestens 200 mm betragen. Je kleiner die Scherfläche ist, desto größer ist die Gefahr, dass das aufnehmende Kantholz die Druckkraft nicht aufnehmen kann.

Der Allrounder: Fersenversatz

Beim Fersenversatz liegt die Tiefe bei 1⁄4 der Höhe bis Minimum 1⁄6 der Höhe. Die Vorholzlänge sollte achtmal der Versatztiefe entsprechen oder mindestens 200 mm betragen.

Beim Fersenversatz muss man außerdem darauf achten, dass man eine Fuge (siehe Zeichnung – ca. 3–5 mm) einberechnet. Alternativ kann man die Schnittdicke nutzen, um diese Fugen zu erstellen.

Konstruktiv bedingt bietet sich ein Stirnversatz oft nicht an.

Warum?

Um die 200 mm Scherfläche zu garantieren, geht viel Holz verloren. Damit hat der Stirnversatz einen klaren Nachteil.

Bei dem Fersenversatz spart man sich einige Zentimeter. Je nach Konstruktion kann dieser Versatz sinnvoller sein.

Sicher ist Sicher: Doppelter Versatz

Der doppelte Versatz bietet zusätzliche Stabilität und sieht einfach gut aus. Bei diesem Versatz wird sowohl ein Stirnversatz als auch der Fersenversatz ausgearbeitet. Also eine Kombination aus beiden Versätze.

Dabei muss man jedoch beachten, dass der Fersenversatz 15 mm tiefer als der Stirnversatz angeordnet sein muss. Ansonsten treffen beide Scherflächen aufeinander.

Die Scherfläche des Fersenversatz muss achtmal der Versatztiefe entsprechen.

Bessere Kraftübertragung: Brustversatz

Der Brustversatz ist eine Art Stirnversatz. Der Unterschied: der Lastangriffspunkt liegt näher an der Stab- bzw. Strebenachse.

Der Schnelle: rechtwinkliger Versatz

Ein rechtwinkliger Versatz ist ebenfalls eine Abwandlung des Stirnversatzes. Diese Versatzart wird jedoch nicht nach der Winkelhalbierenden ermittelt, sondern durch die rechtwinklige Abstirnung der Strebenneigung.

Fazit

Es gibt verschiedene Versatzarten, die man nutzen kann. Welcher Versatz der richtige ist, liegt an vielen Gegebenheiten.

Eine wichtige Rolle spielt die Scherfläche. Diese muss in der Regel mindestens 200 mm betragen. Damit hat der Fersenversatz einen größeren Vorteil gegenüber den anderen Versatzarten.

Neben den statischen Erfordernissen spielt mit Sicherheit auch die Ästhetik eine wichtige Rolle. Wenn man zwar statische Vorteile mit einem Brustversatz hat, aber der normale Stirnversatz besser aussieht und auch eine stabile Verbindung garantiert: für welchen würdest du dich entscheiden?

Ich hoffe, diese Zeichnungen helfen dir weiter. Falls dir etwas nicht gefallen hat, du etwas vermissen solltest oder du einfach nur Danke sagen möchtest: hinterlasse doch einen Kommentar.

Ich freue mich darauf.

Hey, ich bin Samuel. Schön, dass du da bist. Als gelernter Zimmerer und leidenschaftlicher Handwerker beschäftige ich mich gerne mit Fragen rund ums Handwerk. Auf meinem Blog „BAUBEAVER“ teile ich mein Wissen mit dir. Weiterlesen …

15 Gedanken zu „Die 5 wichtigsten Versatz-Arten“

  1. Hallo Samuel,

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    Ich bin Tischlermeister und werde berufsbedingt seid Jahren immer mehr auch mit dem Gebäude konfronitiert, deshalb lese ich mich so weit wie möglich in die handwerkliche Nachbarschaft der Zimmerer ein.
    An der Stelle wollte ich nicht einfach weiter ziehen sondern Dir für Deine tolle Seite danken, die nochmal mehr die Begeisterung für diesen historischen Berufszweig weckt.
    Das Internet ist toll, mit Autoren wie Dir!

    Liebe Grüße aus dem Schwabenland,
    Simon

    Antworten
  2. Hallo,
    toll erklärt.
    Beim Fersenversatz hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Bei der Vorholzlänge meintest Du wahrscheinlich nicht mind. 20mm, sondern eher cm.
    Liebe Grüße
    Lenard

    Antworten
  3. Super! Wir bauen ein Zwischendach und da suchte ich kurze knackige Erläuterungen (wir wählen den Klassiker) Danke für Deine perfekt passenden Informationen LG.LB.

    Antworten
  4. Hello Samuel…

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    Many thanks…
    Chris Mathers
    Lowood, Queensland, Australia.

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  5. Hallo

    Baue einen Carport. Hierfür muss ich die schräge einfahrt so konstruieren, das der erste Pfosten weg fällt. Ich Plane oben einen Brustversatz und unten am zweiten Stützpfosten einen doppelten Versatz. Wobei der doppelte Versatz möglichst tief an den Stützpfosten heran geht.
    Geht das so?
    Über einen Tipp wäre ich dankbar.

    MfG

    Frank

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    • Hallo Frank,

      ja das geht. Du solltest jedoch eine mindest Scherfläche von 20cm haben. Deswegen empfehle ich am Pfosten dann eher nur ein Fersenversatz, dann bist du da etwas flexibler. Oben an der Pfette kannst du gerne einen doppelten Versatz wählen. Je steiler die Strebe wird, desto weniger Kraft kann sie aufnehmen. Unter 70° wird es kritisch…

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  6. der rechtinkliger versatz ist falsch, der rechte winkel ist am lagerholz und nicht an der stebe das bietet den vorteil das er versatz sich von alleine „einlockt“

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    • Hallo Konrad,

      danke für deinen Kommentar. Es gibt beide Varianten, wobei die Variante die du erwähnst eher seltener genutzt wird. Das Problem an dieser Variante ist der Spalteffekt. In allen Fällen müsste ich diesen Artikel trotzdem erweitern. Danke dafür 😉

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