Der Gerberstoß im Holzbau

Der Gerberstoß oder auch schräges Blatt genannt wird im Holzbau sehr häufig eingesetzt. Diese Holzverbindung sieht nicht nur gut aus, sondern kann auch statisch so einiges.

Man nutzt diese Holzverbindung hauptsächlich, um Querkräfte aufzunehmen.

Dabei wird das eine Pfettenteil an zwei Bolzen an das andere Pfettenteil „dran gehangen“.

Im nachfolgenden sieht man eine Beispiel-Ausführung:

Ein Gerberstoß in der 3D Ansicht© Samuel J. Schneider BAUBEAVER
Ein Gerberstoß in der 3D-Ansicht

Auffällig an diesem Beispiel: die Position des Pfostens und das hängende Pfettenstück. Die Bolzen werden also auf Zug beansprucht.

Würde man den Gerberstoß andersherum anordnen, würden die Bolzen auf Scherung beansprucht werden und das Holz würde reisen.

Eine korrekte Ausführung der Hölzer ist also statisch entscheidend.

Die Explosionszeichnung eines Gerberstoßes© Samuel J. Schneider BAUBEAVER
Die Explosionszeichnung eines Gerberstoßes

In dieser Explosionszeichnung sieht man die Einzelteile. Zu empfehlen ist auf jeden Fall ein Zapfen/Zapfenloch bei der Verbindung zwischen Pfosten und Pfette.

Was bedeutet „Pfette“? tl;dr

Der Begriff „Pfetten“ (auch „Dachpfetten“) bezeichnet die waagrechten Balken, die unterhalb des Dachsparrens liegen und diese tragen. Damit gehören diese Balken zu den wichtigsten, konstruktiven Elementen eines Daches. Diese Pfetten verlaufen meistens parallel zum First und zur Traufe. Man unterscheidet je nach Position zwischen Firstpfette, Mittelpfette, Wandpfette und Fußpfette.

Eingesetzt wird diese Längsverbindung hauptsächlich bei First- und Mittelpfetten und Sparrenpfetten die in Hallen eingesetzt werden.

Detailzeichnung© Samuel J. Schneider BAUBEAVER
Detailzeichnung

Bei dieser Detailzeichnung sieht man alle relativen Maßangaben. Der Bolzen wird in der Hälfte des Gerberstoßes angeordnet.

Fazit

Der Gerberstoß ist im Holzbau eine sehr beliebte Verbindung. Besonders beliebt ist diese Verbindung im Fachwerkbau.

Diese Holzverbindung ist bei korrekter Ausführung sehr stabil und kann große Lasten aufnehmen. Wie an dem oberen Beispiel zu erkennen ist, sollte man vor allem darauf achten, wo der Auflager/ Pfosten liegt.

Der Gerberstoß darf niemals aufliegen, sondern muss hängen. Würde man den Pfosten anders anordnen, dann würde das Holz einreisen.

Zu dieser Holzverbindung gibt es auch schon vorgefertigte Metallverbindungen, die das Ausarbeiten erleichtern. Dabei werden an beiden Seiten Platten angenagelt. Der Nachteil: es sieht nicht gut. Statisch gesehen darf man das unbedenklich einsetzen.

Hey, ich bin Samuel. Schön, dass du da bist. Als gelernter Zimmerer und leidenschaftlicher Handwerker beschäftige ich mich gerne mit Fragen rund ums Handwerk. Auf meinem Blog „BAUBEAVER“ teile ich mein Wissen mit dir. Weiterlesen …

26 Gedanken zu „Der Gerberstoß im Holzbau“

  1. Moin.
    Bin durch Zufall auf diese Seite gekommen. Kurze Frage zu den Bildern und der Zeichnung zum Gerberstoß.
    Ist der Gerberstoß nicht falsch herum auf dem Bild? Oder besser gesagt der Stiel auf der falschen Seite? Ich habe es auf jeden Fall anders herum gelernt.
    Würde ich es so verbauen würde die ganze Last der darauf liegenden Dachfläche links vom Stiel nur an den Bolzen hängen und das Blatt wäre unnütz.

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  2. Hallo,

    danke für die gute Erklärung!
    Was ich noch nicht verstanden habe (wurde hier in den Kommentaren und auf anderen Webseiten erwähnt), ist die Anordnung im Momenten-Nullpunkt. Woher weiß ich, wo der liegt?
    Freue mich über eine Antwort!

    Naomi

    Antworten
      • Hallo!

        Ich frage mich auch, wo genau sich der Momentennullpunkt befindet, bzw. wie ich den Momentenverlauf in z.B. einem Mehrfeldträger berechnen kann. Bzw. gibt es eine Faustformel, wo ich den Momentennullpunkt finden kann?

        (Der Link in der Antwort auf Naomis Frage funktioniert leider nicht…)

        Vielen Dank schonmal vorab!

        Jendrik

        Antworten
        • Hallo Jendrik,

          das Thema Momentennullpunkt und Momentenverlauf in Mehrfeldträgern ist recht komplex und lässt sich nicht mit einer einfachen Faustformel erfassen. Für eine detaillierte Erklärung und Berechnungsmethoden habe ich genau das Richtige für dich: In meiner Akademie biete ich einen Kurs an, der sich intensiv mit solchen Themen beschäftigt. Du findest das Material unter diesem Link. Dort erhältst du nicht nur fundierte Informationen, sondern auch praktische Anleitungen, wie du solche Berechnungen selbst durchführen kannst. Schau doch mal rein, wenn du Interesse hast!

          Grüße,
          Samuel

          Antworten
  3. Hallo Herr Schneider,
    ich bin per Zufall auf Ihre Seite gestoßen. Super Erklärungen!!! Vielen Dank schon mal dafür.
    Ich plane, eine etwas größere Gartenhütte zu bauen, und habe das Problem, dass ich keine längeren Balken (80×120 mm) als 6 m geliefert bekomme. Daher muss ich sie verlängern. Für die Dachpfetten scheint mir der Gerberstoß sehr passend zu sein.
    Auch die Basis der Hütte soll auf Balken stehen, die länger sind als 6 m (ebenso 80×120 mm). Diese werden dann auf Punktfundamenten aufgelegt. Wie verlängert man denn sinnigerweise diese Balken?
    Mit freundlichen Grüßen
    Luca Cameretti

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  4. Hallo Samuel!

    Vielen Dank für die hilfreichen Ausführungen zum Gerberstoss!

    Zu dem Gerberstoss habe ich jedoch für mein Projekt, noch einige Fragen.
    Geplant ist ein Pultdach als Terassenüberdachung. Länge 4000mm; Breite 6300mm
    Pfosten 120x120mm; Pfette 120x160mm; Sparren 100x160mm
    Abstand der Pfosten ~3000mm

    1. Es sind Kopfbänder geplant. Ist es Richtig, das der Gerberstoss erst nach dem Zapfen für das Kopfband ausgeführt wird? Wie weit, sollte der Abstand des Gerberstosses, vom Kopfband sein?

    2. Wandseitig gibt es mehr Auflagepunkte für die Pfette. Wie lang sollte der Abstand vom angehangenen Pfettenteil zur nächsten Stütze/Pfosten mindestens sein, damit es nicht zur Rissbildung kommt? Wandseitig ohne Kopfbänder!
    Oder ist vielleicht eine vertikale Überplattung, wandseitig die bessere Wahl?

    Über eine Antwort würde ich mich freuen!

    LG Ralf

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  5. Wow, sehr interessanter und gut geschriebener Artikel! Bin durch Zufall auf deinen Blog gelandet und kann dafür nur ein großes Lob aussprechen, weiter so!

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  6. Hallo Igor,
    Ich sehe da schon eine Möglichkeit zur Sanierung.
    Man kann an der Seite des Kragarms im ungeschwächten Bereich zusätzliche Bolzen anordnen. Die müssen dann möglichst stark angezogen werden und möglichst nahe ander oberen Schnittstelle eingebaut werden.

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  7. Hallo Herr Schneider aus welchem Grund würde der Gerbersoß reißen wenn er auf dem Pfosten aufliegt wie verhält sich diese Verbindung anderst auf Druckkräfte wie zB. Eine normale Überblattung die ohne Probleme auf einem Pfosten aufliegen kann. Mfg Christian Pfau

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    • Hallo Christian Pfau,

      ich werde dazu mal eine Zeichnung machen und das veranschaulichen. Aber vorweg: die Bolzen halten den „angestückten“ Balken. Das Holz und die Bolzen werden also in diesem Bereich auf Zug beansprucht. Anders herum geht das nicht.

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    • Grüezi,
      Zur Position des Gerberstosses. Dieser soll sich immer am Ort, wo das Biegemoment M=0 ist, befinden, damit der Bolzen nicht auf Biegung belastet wird. Würde er auf dem Pfosten aufliegen, ergeben sich unten im Balken Druck- und oben Zugkräfte. ein Kräftepaar erzeugt in der Mitte ein Moment, welches sich in diesem Fall auf den Bolzen auswirken würde.

      LG Remo

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