Es gibt verschiedene Dachformen und verschiedene Konstruktionsarten. In diesem Artikel geht es in erster Linie um die Dachkonstruktionen (Dachtragwerk) und nicht um die Formen.
Was ist hier der Unterschied?
Der Begriff „Dachform“ bezieht sich auf die äußere Gestalt und das Erscheinungsbild eines Daches. Hier geht es um die architektonische Gestaltung und die Neigung des Daches. Beispiele für Dachformen sind Satteldach, Walmdach, Pultdach und Flachdach.
Die „Konstruktionsform“ eines Daches hingegen bezieht sich auf die Art und Weise, wie die einzelnen Bauteile und Tragelemente des Daches zusammengesetzt sind, um das Dach zu stützen und die auftretenden Lasten abzutragen. Beispiele für Dachkonstruktionen sind Pfettendach, Sparrendach und Kehlbalkendach.
Einfach ausgedrückt: Denk an einen Kuchen. Die „Dachform“ wäre vergleichbar mit der Form des Kuchens – ob er rund, quadratisch oder herzförmig ist. Das ist das, was du von außen sehen und was die ästhetische Wirkung bestimmt.
Die „Konstruktionsform“ hingegen wäre vergleichbar mit dem Rezept und der Art und Weise, wie der Kuchen zusammengesetzt ist. Es handelt sich dabei um die spezifischen Zutaten. Also die Schritte oder Bestandteile, um den Kuchen zu backen. Ob du einen Teigboden erstellst, eine Füllung hinzufügst und dann eine Glasur aufträgst, oder ob du einfach alle Zutaten zusammenmischt und in den Ofen schiebst. Das bestimmt, wie der Kuchen „funktioniert“ und wie er schmeckt – auch wenn es von außen nicht sofort ersichtlich ist. 🙂
Zur Übersicht der einzelnen zimmermannsmäßigen Dachkonstruktionen habe ich eine kleine Grafik erstellt.
In diesem Fachartikel gehen wir jetzt jeden einzelnen Punkt durch und behandeln die Besonderheiten dieser Konstruktionen.
Wusstest du schon?
Es ist spannend, die Veränderungen in der Bauweise über die Jahre zu verfolgen. Pfettendächer zum Beispiel, haben ihre Wurzeln in flach geneigten Balkenlagen (meistens in einem Winkel von etwa 10° bis 45°). Also nicht ganz so steil wie die Sparrendächer, die sich mit etwa 30° bis 60° neigen.
Ein interessanter Fakt ist, dass in Deutschland die Dachlandschaft von Norden nach Süden abnimmt. Es geht vom Sparrendach zum Pfettendach. Zurück in den goldenen 50er- und 60er-Jahren waren Sparrendächer der letzte Schrei. Heute ist das ganz anders: Pfettendächer haben das Rennen gemacht, primär im Wohnhausbau.
Unterstützte vs. freitragende Konstruktionen
Ganz grob lassen sich die Dachkonstruktionen in zwei große Bereiche einteilen: Unterstützte und freitragende Dachkonstruktionen.
Unterstützte Dachkonstruktionen:
Diese Art von Konstruktionen erfordert eine Art Stützstruktur, um das Gewicht des Dachs zu tragen. Die Stützstruktur kann aus Balken, Pfosten, Säulen, Wänden oder anderen Arten von tragenden Elementen bestehen. Diese tragenden Elemente leiten das Gewicht des Dachs auf die Fundamente und schließlich auf den Boden ab. Viele traditionelle Gebäude verwenden unterstützte Dachkonstruktionen. Beispiele dafür sind Pfettendächer.
Freitragende Dachkonstruktionen:
Bei freitragenden Dachkonstruktionen wird das Dach fast ausschließlich von den Außenwänden des Gebäudes getragen, ohne dass zusätzliche tragende Elemente wie Innenwände oder Säulen erforderlich sind. Diese Art von Konstruktion ermöglicht es, große, offene Räume unter dem Dach zu schaffen, ohne dass die Sicht oder der Durchgang durch tragende Elemente im Innenraum behindert wird. Freitragende Dachkonstruktionen erfordern in der Regel spezielle Techniken und Materialien, um sicherzustellen, dass die Wände das gesamte Gewicht des Dachs sicher tragen können. Beispiele dafür sind Sparren- oder Kehlbalkendächer.
Jede Art von Konstruktion hat ihre Vor- und Nachteile und wird je nach Anforderungen des Projekts, wie z. B. der Größe des Gebäudes, der Verwendung von Innenräumen, den Kosten und den lokalen Bauvorschriften, ausgewählt.
Überblick der Dach-Konstruktionsformen
Dachform | Vorteile | Nachteile | Kraftübertragung |
---|---|---|---|
Pfettendach | Gute Lastverteilung, schnellerer Aufbau. | Komplexere Konstruktion, mehr Material benötigt, Stützen können mitten im Raum stehen. | Wind-, Schneelasten usw. werden von der Dachhaut auf die Sparren und dann vertikal an die Pfetten weitergeleitet. Diese werden über Wände oder Stützen an das Fundament übertragen. |
Sparrendach | Weniger Material benötigt, größere Spannweiten möglich, flexiblere Innenraumgestaltung | Komplex beim Aufrichten, Fertigbausätze nicht möglich | Die Lasten werden direkt von der Dachhaut auf die Sparren und dann auf die Außenwände und schließlich auf das Fundament übertragen. |
Unterschiede der Dachtragewerke
1.1 Pfettendach
Ein Pfettendach ist eine weitverbreitete Dachkonstruktion, die primär bei Satteldächern zum Einsatz kommt. Bei dieser Konstruktion liegen die Sparren (die schrägen Träger, die das Dach tragen) auf horizontalen Balken, die als Pfetten bezeichnet werden. Es gibt zwei Haupttypen von Pfetten: die Firstpfette, die am höchsten Punkt des Daches liegt, und die Fußpfette, die am unteren Rand der Dachflächen liegt. Die Sparren werden in regelmäßigen Abständen entlang der Pfetten angeordnet und übertragen das Gewicht des Daches auf die Pfetten, die wiederum auf den tragenden Wänden aufliegen. Pfettendächer sind einfach zu konstruieren und eignen sich gut für die meisten Dachformen und -neigungen.
Man unterscheidet zwischen stehende, abgestrebte und liegende Pfettendächer.
1.1.1 Strebenloses Pfettendach
1.1.1.1 Liegendes Pfettendach
1.1.1.1.1 Pfettendach mit Hängewerk
Bei dieser Dachkonstruktion werden die Haupt- und Nebensparren durch Hängesäulen oder Hängestiele unterstützt. Diese hängen von einem horizontalen Träger ab, der meist als Binder bezeichnet wird. Hängewerk-Dächer eignen sich für größere Spannweiten und ermöglichen eine flexible Raumnutzung unterhalb des Daches.
1.1.1.1.2 Pfettendach mit Sprengwerk
Dieses Dach besteht aus mehreren Haupt- und Nebensparren, die durch Streben miteinander verbunden sind. Es wird häufig bei größeren Spannweiten verwendet, um die Tragfähigkeit des Daches zu erhöhen.
1.1.1.2 Stehendes Pfettendach
In der Regel besteht ein stehendes Pfettendach aus zwei Hauptkomponenten:
- Die Firstpfette: Sie befindet sich an der Spitze des Daches, wo die beiden Dachhälften aufeinandertreffen. Sie ist in der Regel die größte und stärkste Pfette in der Konstruktion und trägt das meiste Gewicht.
- Die Fußpfetten: Sie befinden sich an der Unterseite des Daches und tragen die Last der Dachschindeln, des Schnees und anderer Lasten. Sie übertragen diese Lasten auf die tragenden Wände des Gebäudes. Diese Hölzer sind in der Regel wesentlich kleiner dimensioniert.
Zwischen First- und Fußpfetten werden häufig noch Zwischenpfetten (Mittelpfetten) eingebaut, die zusätzlich zur Stabilität der Konstruktion beitragen. Je nachdem wie viele Pfettenstränge genutzt werden, geht man von einem einfach, doppelt oder mehrfach stehenden Pfettendach aus.
Was bedeutet „Pfette“? tl;dr
Der Begriff „Pfetten“ (auch „Dachpfetten“) bezeichnet die waagrechten Balken, die unterhalb des Dachsparrens liegen und diese tragen. Damit gehören diese Balken zu den wichtigsten, konstruktiven Elementen eines Daches. Diese Pfetten verlaufen meistens parallel zum First und zur Traufe. Man unterscheidet je nach Position zwischen Firstpfette, Mittelpfette, Wandpfette und Fußpfette.
1.1.1.2.1 Einfach stehendes Pfettendach
Tragverhalten
Die Sparren selbst leiten die vertikalen Lasten (Gewicht des Dachs, Schneelasten, Windlasten etc.) auf die Pfetten, die diese Lasten wiederum auf die darunterliegenden Stützen übertragen. Diese Stützen, die oft Stuhlsäulen, Stuhlpfosten, Stiele oder auch Ständer genannt werden, leiten dann die Lasten auf die tragenden Wände und schließlich auf die Fundamente und den Boden ab.
Die Stützen in einem einfach stehenden Pfettendach müssen daher nicht nur das Gewicht der Pfetten und Sparren tragen, sondern auch zusätzliche Lasten wie Schnee oder Wind. Sie müssen so dimensioniert und konstruiert sein, dass sie diese Lasten sicher tragen können. Dabei müssen sie auch horizontalen Kräften standhalten, die durch Wind oder eventuell auftretende Schiefstellungen entstehen können. Dazu mehr im Abschnitt Längs- und Queraussteifung.
Die genaue Dimensionierung der Stützen hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der Größe des Dachs, der erwarteten Lasten und der örtlichen Bauvorschriften. Falls du dir bei diesem Punkt unsicher bist, dann wird dir dieser Artikel bestimmt weiterhelfen.
1.1.1.2.2 Doppelt oder zweifach stehendes Pfettendach
Tragverhalten
Im Fall eines zweifach stehenden Pfettendachs sind die Dachsparren auf zwei Pfetten aufgelegt – die Fußpfette(n) und die Mittelpfette(n). Diese Sparren tragen die vertikalen Lasten, wie das Gewicht der Dachmaterialien, Schneelasten, Windlasten usw., und übertragen diese auf die Pfetten. Die Pfetten leiten diese Lasten dann auf die darunter befindlichen Stützen weiter.
Eine Zange in einem zweifach stehenden Pfettendach bezieht sich auf eine spezielle Konstruktionsweise, bei der zwei oder mehr Sparren so angeordnet sind, dass sie eine Mittelpfette „einklemmen“ oder „umfassen“. Die Zangenkonstruktion kann verwendet werden, um die Mittelpfette zu unterstützen.
Die Zangenkonstruktion ermöglicht eine effektivere Verteilung der Lasten von den Sparren auf die Pfetten und erhöht die Stabilität der gesamten Dachstruktur. Sie ermöglicht es den Sparren, sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Lasten besser aufzunehmen und zu verteilen. Durch diese Art der Konstruktion kann auch die Pfettenabmessung verringert werden, da die Zange eine zusätzliche Unterstützung bietet.
In einem zweifach stehenden Pfettendach müssen die vertikalen Stützen in der Lage sein, nicht nur das Gewicht der Pfetten und Sparren zu tragen, sondern auch zusätzliche Lasten wie Schnee und Wind. Diese Stützen müssen entsprechend ausgelegt und dimensioniert sein, um diese Lasten sicher zu tragen. Dabei müssen sie auch Widerstand gegen horizontale Kräfte bieten, die durch Winddruck oder mögliche Asymmetrien in der Lastverteilung entstehen können.
1.1.1.2.3 Mehrfach oder dreifach stehendes Pfettendach
Tragverhalten
Bei einem mehrfach oder dreifach stehenden Pfettendach ruhen die Dachsparren auf drei Pfetten – der Firstpfette, der Mittelpfette und der Fußpfette. Sie tragen die vertikalen Lasten, einschließlich des Gewichts der Dachmaterialien, Schneelasten, Windlasten und so weiter. Diese Lasten werden dann auf die Pfetten übertragen. Von den Pfetten werden diese Lasten auf die darunterliegenden Stützen geleitet.
Bei einem dreifach stehenden Pfettendach müssen die Stützen ähnlich wie bei einem zweifach stehenden Pfettendach konstruiert und dimensioniert sein. Sie müssen in der Lage sein, nicht nur das Gewicht der Pfetten und Sparren, sondern auch zusätzliche Belastungen wie Schnee und Wind zu tragen.
Die genaue Dimensionierung der Stützen ist auch hier abhängig von einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich der Größe und Form des Dachs, den erwarteten Lasten und den lokalen Bauvorschriften. Die Sicherstellung der Längs- und Queraussteifung ist eine wichtige Rolle, um die Stabilität der gesamten Konstruktion zu gewährleisten.
Tragverhalten
Das Tragverhalten ist identisch, mit einer Ausnahme: die Zange. Wie bei dem zweifach stehenden Pfettendach bietet diese Zange eine zusätzliche Stabilität.
1.1.1.3 Sonderformen
1.1.1.3.1 Zweistieliges Pfettendach mit Firstgelenk
1.1.1.3.2 Zweistieliges Pfettendach mit Kehlscheibe
1.1.2 Abgestrebtes Pfettendach
Abgestrebte Pfettendächer ohne Zangen waren bisher oft mit Streben versehen, um horizontale Auflagerkräfte der Sparren aufzunehmen. Die Realität zeigt jedoch, dass diese Streben kaum Horizontallast aufnehmen können. Wenn Last auf die obere Pfette einwirkt und diese sich durchbiegt, bewegen sich die Sparren in Kreisbögen zur Seite und nach unten. Dies liegt an der hochformatigen Pfettenquerschnitte, die horizontal viel nachgiebiger als senkrecht sind. Es ist daher eine geringere Kraft erforderlich, um eine waagerechte Ausbiegung zu erzeugen.
Abgestrebte Pfettendächer können daher in konstruktiver Hinsicht keinen Vorteil bieten und können sogar Nachteile haben. Sie sind komplex und nicht empfehlenswert.
Abgestrebte Pfettendächer mit Streben und Zangen sind ebenfalls nicht sinnvoll. Die Streben sind in der Regel nur druckfest angeschlossen und bleiben daher wirkungslos, wenn Winddruck ihre Dachseite belastet. Die waagerechten Anteile des Winddrucks werden daher von den Sparren zu den Fußpfetten geleitet, während die Pfetten das Gleichgewicht der Sparren allein durch senkrechte Kräfte herstellen.
Zusammenfassend sind abgestützte Pfettendächer, egal ob mit oder ohne Zangen, unzweckmäßig und unwirtschaftlich. Diese veraltete Form sollte vermieden werden.
2.1 Sparrendach
Ein Sparrendach besteht aus Sparren, die direkt auf tragenden Wänden befestigt sind. Diese Konstruktion trägt das gesamte Dachgewicht, leitet Lasten direkt auf tragende Wände und ist relativ einfach gestaltet.
Was bedeutet „Sparren“? tl;dr
„Dachsparren“ oder auch einfach „Sparren“ sind Konstruktionshölzer, die die Dachhaut tragen und vom First bis zur Traufe verlaufen. Sparren können je nach Konstruktion unterschiedlich angeordnet werden. Typisch ist jedoch die rechtwinklige Anordnung zum Firstbalken bzw. Schwellenholz.
Dachsparren liegen auf zwei oder mehreren Punkten auf. Je nach Konstruktion und Design kann ein Dachsparren auch einen Kragarm haben.
2.1.1 Sparrendach ohne Kehlbalken
Der echte Klassiker unter den Dachkonstruktionen. Meistens wirst du diese Konstruktionen mit einer Dachneigung von 30° bis 60° finden. Das ist ziemlich steil, aber das gibt ihnen ihren einzigartigen Charme.
Die Struktur ist hier ganz besonders: Zwei gegenüberliegende Sparren und die Deckenlage, die als eine Art Zugband dient. Diese Anordnung wird dann oben, am First, gelenkig miteinander verbunden. Das kann durch Verblattung oder Laschen passieren. Durch diese gegenseitige Unterstützung im First entstehen Druckkräfte in den Sparren.
Aber Vorsicht!
Dadurch ergeben sich an den Sparrenfußpunkten erhöhte Horizontallasten. Diese Konstruktion muss die Kräfte aufnehmen können. Der Fußpunkt muss als „festes Auflager“ fungieren, um die vertikalen und horizontalen Kräfte zu handhaben.
Und hier kommt der Knackpunkt: Die Sparrenfußpunkte müssen wirklich fest und unverschieblich sein. Sie können direkt auf den Auflagerkräften sitzen oder über einen Drempel, auch Kniestock genannt, in die Deckenkonstruktion eingebunden werden.
Richtig aufpassen musst du also bei einem Drempel aus Holz oder Mauerwerk. Sparrendächer sind hier nicht die beste Wahl. Sie sind im Vergleich zu Stahlbetondrempeln nicht wirklich in der Lage, Horizontalkräfte aufzunehmen, es sei denn, du bist bereit, eine Menge konstruktiven Aufwand zu investieren.
Stell’s dir so vor …
Der Aufbau eines Sparrendachs lässt sich gut mit dem Versuch vergleichen, breitbeinig auf rutschigem Untergrund zu stehen. In dieser Position fungieren die Beine wie die Sparren des Dachs, die eine Last tragen und umlagern.
Wenn der Untergrund rutschig ist, verlieren die Füße – ähnlich den Fußpunkten eines Sparrendachs – allmählich ihre Stabilität. Man neigt zum Ausrutschen oder im Extremfall sogar zum Spagat, vergleichbar mit den konstruktiven Problemen, die bei einem Dach mit einer zu geringen Neigung auftreten können.
Je flacher der Winkel zwischen Boden und Beinen ist – analog zur Dachneigung -, desto schwieriger wird es, eine stabile Position zu halten. Dies entspricht der Situation eines flachen Dachs, bei dem bei gleicher Last höhere Druckkräfte auftreten. Deshalb sollte genau wie beim breitbeinigen Stehen der Winkel nicht zu flach sein. In der Dachkonstruktion bedeutet das, dass die Dachneigung idealerweise nicht weniger als 25° betragen sollte, um eine effektive Lastverteilung und stabile Konstruktion zu gewährleisten.
Die Sparrenpaare bilden also ein richtig stabiles Dreieck. In der Fachsprache nennt man das „statisch bestimmter Dreigelenkrahmen“ oder auch Gespärre/Gebinde.
Wenn auf der Dachhaut Kräfte wirken, dann entstehen ordentliche Biegemomente und Druckkräfte.
Die Sparrenpaare legt man in der Regel 60 cm bis 80 cm auseinander.
Und der Clou: Es ist völlig egal, ob die Fußpunkte nicht ganz auf einer Höhe sind. Auch die Symmetrie ist hier völlig irrelevant.
Die Sparren sind hier die echten Helden. Die schultern die ganze Last vom Dach. Sie geben alles brav unten an die tragenden Teile weiter. So hast du oben einen freien Dachraum.
Sparren stützen sich am Traufpunkt und im First ab und wirken wie Einfeldträger. Wenn du nicht willst, dass sie sich verbiegen, dann muss die Stützweiten begrenzt werden. Deshalb sind die meisten Häuser mit Sparrendächern so 7 bis 8 m breit.
Sparrendruckkraft
Die Neigung des Dachs spielt eine große Rolle. Es ist wie der Winkel deiner Beine zum Boden. Je flacher dieser Winkel, desto höher die Kräfte, die auf deine Beine einwirken. Bei flachen Dächern entstehen bei gleicher Last viel höhere Druckkräfte.
Es gibt bei einem Sparrendach eine Grenze. Die Neigung sollte nicht flacher als 25° sein. Sonst führen die hohen Druckkräfte zu unwirtschaftlichen Sparrenquerschnitten und zu Problemen an den Fußpunkten.
Das ist wie beim breitbeinigen Stehen auf Eis, irgendwann geht’s nicht mehr und du rutschst aus.
Tragverhalten von einem reinen Sparrendach
2.1.2 Sparrendach mit Kehlbalken/ Kehlbalkendach
Um diese Konstruktion zu erklären, gehen wir zurück zum Vergleich…
Du kämpfst um die Balance und deine Beine arbeiten hart, um dich aufrecht zu halten. Jetzt stell dir vor, du hättest etwas, was deine Beine zusammenhält (in etwa auf Kniehöhe). Eine Art Band, die deine Knie stabil hält. Das würde alles vereinfachen, oder? Genau das ist die Idee beim Kehlbalkendach.
Ein Kehlbalkendach ist eine Weiterentwicklung des Sparrendachs. Ähnlich wie, wenn du von breitbeinigem Stehen zu einer stabilisierten Position wechselst. Mit dem Kehlbalkendach können wir größere Gebäudetiefen überspannen, bis zu 14 Meter, so ähnlich wie du mit dem Band im Zentrum eine breitere Stellung auf dem Eis einnehmen kannst.
Wenn wir nur Sparrendächer (ohne Kehlbalken) für diese großen Gebäudetiefen verwenden würden, wäre das wie wenn du breitbeinig ohne Band dastehst. Die Verformungen der Sparren würden zu groß werden, genau wie deine Beine bei zunehmender Belastung mehr unter Druck geraten würden.
Deshalb fügen wir beim Kehlbalkendach einen waagerechten Kehlbalken hinzu. Die Sparren stützen sich jetzt nicht nur am First ab, sondern auch am Kehlbalken.
Der Kehlbalken kann in einem Stück oder in mehreren Teilen, wie eine Zangenkonstruktion, ausgeführt werden. Für die Höhe gibt’s keine einheitliche Regel, man geht hier eher so vor: wenn du das Dachgeschoss ausbauen willst, kannst du den Kehlbalken als oberen Raumabschluss nutzen. Seine Position richtet sich dann nicht nach den statischen Anforderungen, sondern nach der gewünschten Raumhöhe. Wobei es schon ein Unterschied macht, ob dein „Band“ deine Knie umschließt oder deine Hüfte. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, den Kehlbalken ab dem oberen Drittel des Dachstuhls nach unten zu positionieren.
Statisches System
Hier verändert sich jetzt etwas. Denk noch mal an das Hinzufügen eines Kehlbalkens wie das Einsetzen eines Bandes in deiner breitbeinigen Position auf dem Eis. Dies verwandelt das bisher statisch bestimmte System, in dem alles vorhersehbar war, in ein statisch unbestimmtes System. Es wird komplizierter, genau wie deine Balance auf dem Eis. Du hast nicht nur deine Beine und das Eis, sondern eben auch dieses Band.
Mit dem Kehlbalken und dem oft damit verbundenen Ausbau des Dachgeschosses treten größere Horizontallasten an den Fußpunkten auf als bei einem reinen Sparrendach. In den Sparren entstehen neben den normalen Druckkräften auch Biegemomente, fast so, als würdest du zusätzlich in den Knien wippen.
Der Kehlbalken wird bei ausgebautem Dachgeschoss durch das Eigengewicht und die Nutzlast belastet, was zu einer Biegebeanspruchung und einer Normalkraft (Druck) führt. Es ist, als würdest du auf das Band zusätzliches Gewicht legen.
Bei einer lichten Höhe von maximal 1,8 m dürfen wir für Spitzböden eine Nutzlast von 1,0 kN/m² annehmen (nach EC1). Wenn die Höhe größer ist, müssen wir eine Nutzlast wie bei Decken in Wohnräumen ansetzen. Bei einem nicht ausgebauten Dachgeschoss wirkt auf den Kehlbalken nur Druck.
Bei symmetrischen Belastungen, wie dem Eigengewicht und Schneelasten, wirkt der Kehlbalken wie ein zusätzliches horizontales Zwischenlager. Das wäre jetzt, wie wenn du eine steife Stange (nicht ein flexibles Band), als zusätzliche Unterstützung zwischen deinen Beinen hättest. Dadurch verformen sich die Sparren wie bei einem Zweifeldträgersystem.
2.1.2.1 Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken
So jetzt wirds Tricky. 🙂
Behalte das Bild mit dem steifen Band/Stange zwischen deinen Knien im Kopf. Wir sind mit diesem Vergleich davon ausgegangen, dass nur du auf dem Eis stehst. Bei einem Dach gibt es mehrere solcher Sparrekonstruktionen.
Also: so als ob du, deine Familie und Freunde in Reihe und Glied nebeneinander stehen. Jeder mit der gleichen Ausgangslage: Gleicher Untergrund, gleiches Band, gleiche Beinlänge und Neigung der Beine.
Stell dir verschiedene Szenarien vor: Erbeben, starke Winde oder unterschiedliche Kräfte, die auf dem Band wirken. Was passiert? Jeder Teilnehmer müsste die Last allein tragen – das nennt man verschieblichem Kehlbalken. Wie stark sich das Ganze verschiebt, hängt nicht nur davon ab, wie der Wind pustet, sondern auch davon, wie steif deine Sparrenpaare sind. Je fester die Knotenpunkte, desto weniger wackelt das Dach.
2.1.2.1.1 Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken und einem einfachen oder mehrfach stehendem Stuhl
Beim „Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken und einem einfachen oder mehrfach stehendem Stuhl“ haben wir’s mit einer speziellen Dachstruktur zu tun. Es leiht sich Elemente vom Pfettendach aus. Klingt kompliziert? Ist es auch!
Am besten schaust du dir den Aufbau unter Punkt 1.1.1 Strebenloses Pfettendach genauer an. Was wir hier behandeln, ist eine Kombination aus einem Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken und einem Pfettendach.
Dieser Dachstuhl hilft, den Kehlbalken noch stärker zu stabilisieren. „Stuhl“ kommt übrigens von „Gestell“.
Wenn ich vom Dachstuhl spreche, meine ich die Holzkonstruktion unter den Sparren. Sie kümmert sich darum, dass das Gewicht der Dachsparren aufgenommen und sicher abgeleitet wird.
Wie ist er aufgebaut, dieser Dachstuhl? Aus Stuhlpfosten und Stuhlpfetten. Ist das Ganze senkrecht aufgebaut, sagen wir dazu „stehender Stuhl“.
Sind die Kehlbalken nicht miteinander verbunden, spricht man von einem „Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken und einem einfachen oder mehrfach stehendem Stuhl“.
2.1.2.1.2 Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken und einem liegenden Stuhl
Sind die Stuhlstreben nicht vertikal, sondern schräg angeordnet, spricht man von einem liegenden Stuhl.
2.1.2.2 Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken
Wir hatten bei 2.1.2.1 ein Problem: Jedes Sparrenpaar mit Kehlbalken wird unterschiedlich belastet.
Die Lösung?
Du legst eine Scheibe auf die Kehlbalken.
Um beim Vergleich zu bleiben: Du würdest auf das steife Band zwischen allen deinen Freunden eine rechteckige Platte drauflegen. Im Fachjargon spricht man jetzt von einem „unverschieblichem Kehlbalken“. Dadurch verhindert man eine unsymmetrische Belastung.
Das Ganze zu erstellen, ob als Scheibe oder Verband, das ist ein ordentlicher Aufwand. Du musst nachweisen, dass es sicher mit den aussteifenden Quer- oder Giebelwänden verbunden ist.
Aber hier ist das Coole: Durch die Unbeweglichkeit verformt sich der Sparren wie ein Zweifeldträger. Das führt zu effizienteren Querschnitten als bei einem verschieblichen Kehlbalkendach.
2.1.2.2.1 Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken und einem einfachen oder mehrfach stehendem Stuhl
Sind die Kehlbalken als Scheibe miteinander verbunden, spricht man von einem „Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken und einem einfachen oder mehrfach stehendem Stuhl“. Wie 2.1.2.1.1 nur eben noch stabiler.
2.1.2.2.2 Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken und einem liegenden Stuhl
Sind die Stuhlstreben nicht vertikal, sondern schräg angeordnet, spricht man von einem liegenden Stuhl. Wenn man jetzt noch die Kehlbalken als Scheibe ausbildet, erhöht man die Steifigkeit und man spricht von einem „Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken und einem liegenden Stuhl“.