Wer kennt das nicht? Man ist auf der Baustelle oder in der Werkstatt, muss einen 90° oder 45° Winkel anzeichnen, aber kein Winkelmesser ist in der Nähe. Mit dem folgenden Zollstock Trick zeige ich dir eine schnelle Möglichkeit, um verschiedene Winkel anzuzeichnen.
Vorweg möchte ich zu diesen „Tricks“ einige Hinweise geben. Die folgenden Angaben und Tipps sind nicht zu 100 % genau. Was heißt das? Mit einem Zollstock kann man keinen Winkelmesser ersetzen. Ein solcher Zollstock bietet sich dann an, wenn die Zuschnitte nicht zu 100 % genau sein müssen.
Trotzdem habe ich versucht, die Angaben so genau wie möglich zu recherchieren und zu überprüfen. Ich gebe für diese Gradangaben keine Garantie. Für exakte Arbeiten wie zum Beispiel im Möbelbau, beim Abbund oder gar beim Aufreißen eines Plans sind diese Ideen nicht gedacht. In diesem Fall solltest du auf jeden Fall einen exakten Winkelmesser nutzen oder deine Winkel sogar rechnerisch ermitteln.
Einige Websites empfehlen diese Zollstock-Tricks für den Abbund eines Carports oder für den Bau eines Gartenhauses. Das empfehle ich nicht! In diesen Bereichen kommt es auf Präzision an. Einige Webseitenbetreiber sollten ihre Inhalte besser überprüfen.
Auch wenn die Angaben nicht zu 100 % exakt sind, bietet sich dieser Trick besonders dann an, wenn man auf der Baustelle verschiedene Winkel zuschneiden muss und die Zuschnitte nicht so präzise sein müssen.
Tipp
Es gibt einige Zollstöcke, die an dem Knickbereich eine Winkelangabe haben. Zwar reicht das auch aus, wenn du Probezuschnitte machen musst, aber die folgende Methode ist sehr viel exakter. Der Vorteil an der folgenden Methode ist auch, dass man mit jedem beliebigen Zollstock die verschiedenen Gradzahlen definieren kann.
Was du brauchst:
Du brauchst einen Zollstock und optional noch einen wasserfesten Fineliner und ein Geodreieck mit einem langen Schenkel.
Starten wir also mit einem 90° Winkel.
Mit einem Zollstock einen 90° Winkel definieren
Klappe deinen Zollstock drei Glieder weit auf. Knicke die ersten beiden Glieder so, dass das erste Glied auf 67,7 cm zeigt. Achte darauf, dass die Spitze des Metallgliedes auf die 67,7 cm zeigt und nicht die Holzspitze.
Wusstest du schon?
In einigen Teilen Sachsens wird der Meterstab auch Schmiege genannt. Im Süden Deutschlands sagt man dazu einfach nur Meter oder Metermaß.
Wenn du jetzt den Winkel zwischen dem ersten und zweiten Schenkel mit einem Geodreieck überprüfst, dann hast du genau 90°.
Jetzt kannst du diesen Winkel auf dein Werkstück übertragen. Achte darauf, dass das Glied nicht verrutscht. Vor allem, wenn du mit deinem Bleistift den Winkel anzeichnen willst, kann es passieren, dass das Glied nicht mehr exakt stimmt. Achte darauf, dass die Scharniere recht gut halten. Beim Übertragen würde ich beide Schenkel gut festhalten.
Es ist natürlich nicht so einfach, diese Maßangabe im Kopf zu behalten. Deshalb: wenn du möchtest und du auf diesen 90° Winkel oft brauchst, dann bietet es sich auch an, eine Markierung mit dem Fineliner bei 67,7 cm anzuzeichnen.
Nach demselben Prinzip lässt sich auch einen 45 Grad Winkel anzeichnen.
Einen 45 Grad Winkel mit einem Zollstock definieren
Wie bei dem 90° Winkel, musst du wieder drei Glieder aufklappen und das erste Glied an 54,6 cm heranführen.
Wenn du möchtest, kannst du auch diesen Schritt mit einem Geodreieck überprüfen.
Wusstest du schon?
Zollstöcke werden in Genauigkeitsklassen nach der EG-Richtlinie 2004/22/EG festgelegt. Diese sind auch als EG-Genauigkeitsklasse bekannt. Es gibt also in den Längenangaben je nach Zollstock (große) Unterschiede. Es bietet sich also an, beim Messen immer denselben Zollstock zu nutzen.
Geht das auch mit anderen Winkeln?
Ja, das geht auch mit anderen Winkeln. Dafür habe ich nachfolgend eine Liste mit den jeweiligen Maßangaben und den Gradzahlen zusammengestellt. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ein Zollstock kein Ersatz für einen Winkelmesser ist.
Winkelgrad | Maßangabe auf dem Zollstock/Meterstab |
20° | 46,2 cm |
25° | 47,8 cm |
30° | 49,2 cm |
40° | 52,9 cm |
45° | 54,6 cm |
50° | 56,2 cm |
55° | 57,8 cm |
60° | 59,3 cm |
65° | 60,8 cm |
70° | 62,3 cm |
75° | 63,7 cm |
80° | 65,2 cm |
85° | 66,4 cm |
90° | 67,7 cm |
95° | 68,9 cm |
100° | 70,2 cm |
Optional: Zeichne alles an!
Bei mir kommt es doch oft vor, dass ich verschiedene Winkelangaben brauche und gerade keinen Winkelmesser zur Hand habe. Aus diesem Grund habe ich mir alle Winkel aus dieser Liste auf meinem Zollstock markiert. Hierfür bietet es sich an, einen kontrastreichen Fineliner zu nutzen. In meinem Fall hat sich die Farbe Rot sehr gut angeboten.
Es gibt auch Zollstöcke, die diese Angaben schon integriert haben. Dort findest du Markierungen mit Gradzahlen an den Längenangaben. Es gibt auch Modelle, die Markierungen für die Umrechnung eines Durchmessers oder des Umfangs integriert haben.
Fazit
Dieser Zollstock-Trick ist also besonders auf Baustellen oder in der Werkstatt sinnvoll, wenn man schnell einen Winkel anreißen möchte und es nicht auf Präzision ankommt. Trotzdem bietet sich diese Methode doch recht gut an, um Winkelangaben zu definieren.
Ich hoffe, dir hat dieser Trick gefallen und beim nächsten Mal bist du auf der Baustelle oder in deiner Werkstatt noch besser ausgerüstet.
schon mal 57,3 gehört,müßte der Mester aber wisse.
Hallo
Gibt es eine Formel mit der man das Ganze berechnen kann?
Hey Beni,
ich kenne nur die zeichnerische Lösung, aber da gibts bestimmt etwas. Wenn du etwas findest, melde dich gerne.
Hi,
wenn ich mir das so anschaue (also ohne Gewähr und heiße zwar auch nicht Beni)…
Über die Winkelfunktion könnte man hier rechnen, ist aber eher nicht Praxis-tauglich –
taugt also mehr für die innere Befriedung, dass man es könnte 😀
Als Beispiel die 45° Variante:
Gedanklich das Dreieck in der Mitte teilen (Ausrichtung so wie auf dem Foto), somit hat man 2 „schöne“ Winkel mit einem 90° Winkel (und dann oben auch 45°/2) .
Mit einer Hälfte rechnet man nun:
Grundformel:
sin Alpha (α) = Gegenkathede (a)/Hypotenuse (b)
Gegeben:
sin Alpa = 22,5° (45° geteilt durch zwei)
b = gegeben mit 20 cm (Knickpunkt zu Knickpunkt Meterstab)
a = gesucht (Achtung, ist dann auch halbe Länge und muss später mal 2 genommen werden)
1. Rechnung:
b x sin α = a
20 cm x sin 22.5° = 7,653…
Das Ergebnis dann mal 2 (weil vorher das Dreieck/die Strecke gedanklich geteilt wurde) + 40 cm (Startmaß Meterstab) ergibt dann 55,3 cm.
Das Maß entspricht aber dann NICHT Ecke der unteren Kante SONDERN Mitte!
Wenn man es jetzt genau haben möchte, bzw. um im Beispiel auf die 54,6 cm zu kommen, dann müsste man mit einer weiteren Dreicks-Berechnung das Maß für das gewünschte Ecken-Maß errechnen.
Spätestens das ist die Praxistauglichkeit dahin und ich hab hier auch zum Rechnen aufgehört.
Zum Thema selbst noch:
Danke für’s zeigen, jetzt habe ich endlich verstanden, wie die bereits vorhanden Kennzeichnung bei einem meiner Meterstäbe anzuwenden ist („geht“ bis 150° – Winkelgradteilung nicht geeicht).
Gruß Matze
Hallo Matze,
wow was für eine Rechnung – genial. Wie im Beitrag geschrieben ist das auf keinen Fall ein Ersatz für einen Alpha Winkel oder eine präzise Schmiege. Deswegen der Hinweis am Anfang:
Das ist ein sehr interessanter Artikel zum Thema bauen. Ich habe mir schon einige Beiträge dazu durchgelesen.
Hi JJ,
gerne 😉
Hallo
noch ein Tipp:
Wenn man nur einen Zollstock dabei hat, und möchte einen genauen rechten Winkel groß aufzeichnen , beispielsweise auf einer großen Platte oder auch auf dem Boden, wenn man etwas Meter-großes winklig zusammenbauen will.
Dazu braucht man sich nur zu merken: „Die 3-4-5-Regel“!
Die Längen: (3x irgendein Maß) und (4x dasselbe Maß) und (5x dasselbe Maß) sind nämlich immer die 3 Seiten eines genau rechtwinkligen Dreieckes.
Damit kann man sehr schön und 100% präzise zum Beispiel die Winkligkeit einer Raumecke prüfen.
(für die die’s wissen wollen: Nach Pythagoras ist 3²+4²=5²)
Hi Tony,
genau! Toller Tipp!! Auf dem Bau wird das sehr häufig verwendet.
Hey Toller beitrag wollt ihr Bauanleitungen und Do-It-yourself Projekte Das Problem ist doch: die meisten Bauanleitungen und Pläne, die man online findet, sind nutzlos!
Wieso? Meistens sind die Pläne unvollständig, undeutlich, ohne Maße und oft nur dafür gedacht, Produkte zu promoten statt dir zu helfen!
Ich habe buchstäblich monatelang nach guten Plänen im Internet und in Zeitschriften gesucht. Aber die meisten Bauzeichnungen, die ich fand, lieferten mehr Fragezeichen als Antworten…
Hallo Sebastian Kurl,
absolut! Viel Erfolg dir!
In Fichtenstamm-Stücke ca. 300mm Durchmesser will ich mittig eine Vertiefung machen von 100mm Durchmesser und 10cm Tiefe kreisrund. Welche Lösungen gibt es hierfür? Bisher mühselig mit einem 30iger Forstnerbohrer gearbeitet mit mäßigem Erfolg. Bitte auch auf die e-mail antworten.
Danke und Gruß Jürgen
Hallo Jürgen,
ich wüsste auch keine Alternative. Alternative: Es gibt auch 100mm Dosenbohrer und den Rest mit einem Stecheisen ausnehmen…
Doller Artikel! Für unsere mittelalterlichen Darstellung genau der richtige Tipp!!! Hier werden aus Ästen, Stämmen, Latten und was sonst so zur Verfügung steht, Unterkonstruktionen, Feuerstellen und sonstiges „hingezimmert“. Der exakte Winkel ist nicht wichtig, aber schepp soll es dann auch nicht sein!!
Hallo Roland,
gerne. Das ist bestimmt kein Artikel für Präzision. Aber wir auf der Baustelle brauchen oft keine Milimeter. Zum Beispiel: das Absägen einer Dachlatte.
Mein Onkel ist begeistert von eurem Tipp, den Zollstock in ein Winkelmesser umzufunktionieren. Er sagt, den Tipp sollte man allen Zimmerern in der Zimmerei weiterleiten, um deren Arbeit leichter zu machen. Oft vergisst man ja kleine Sachen wie ein Winkelmesser. Alles was man braucht, auch als Hobby-Zimmerer, ist ja ein Zollstock, Fineliner und ein Geodreieck – super!
Hallo Hanna Adams,
naja ein Zimmerer sollte in seinem Werkzeugkasten auch anderes Meßwerkzeug haben. Und der Fineliner und mein Geodreieck war ja nur zum markieren gedacht, auf der Baustelle macht das nicht so viel Sinn 😉
Hallo
Sehr interessant dieser Bericht. ich habe nur eine Frage bezüglich einer Gradzahl. In der Liste steht die 30° mit 49,6 cm. Auf dem Zollstock darunter sind die 30° bei 49,2 cm markiert. Wie kommt dieser Unterschied zustande? Da alle anderen Maße auf dem Zollstock mit der Liste übereinstimmen.
MfG
Hi,
ja da war ein Zahlendreher. Die Maße am Zollstock stimmen und ich hab die Liste aktualisiert. Damals habe ich die Gradzahlen errechnet und auf eine Holzplatte gezeichnet. Vielen Dank für den Hinweis. Jetzt passt alles!
Wenn man den Meter so faltet, daß der Strich von 25 genau auf den von 75 kommt, so hat man einen rechten Winkel und 45°.
Hallo Matthias,
ich hab das mal ausprobiert. Eine super Sache! Ich hab da zwar eine kleine Differenz (2°-3°), aber für einen groben, schnellen Abschnitt reicht das ganz bestimmt. Vielen dank nochmal 😉
Bei den meisten modernen Maßstäben ist ein Winkel zwischen den ersten Gliedern an der Seite aufgedruckt. Ferner ist der Maßstab mit der Winkelfunktion der „Knakke“ Maßstab. Toll wäre es natürlich wenn man hier auch sich selber errechnen könnte, wie du zu deiner Tabelle gekommen bist, damit man den direkten Winkelmaßstab nicht braucht.
Als Anmerkung, einige Maßstäbe haben eine 90° Einrastung. Diese ist jedoch oftmals eher ein Hindernis als Hilfreich.
Zur Genauigkeit sei noch gesagt – das diese eine Genauigkeitsklasse III haben (Das heisst z.B. – der komplette Maßstab auf 2m hat eine Toleranz von 1,2 mm), sofern Sie als Zollstock in Deutschland in den Verkehr gebracht werden. Das sagt der Kreis mit der III aus. Die 2 kleinen Zahlen auf dem Maßstab sind die Prüfstelle, wo dies registriert ist. Dieses müssen Hersteller jedes Jahr für den Maßstab neu beantragen.
Als Anmerkung weiterhin funktioniert dieses Fehlerfrei, wenn der Maßstab nicht älter als 4 Jahre ab Produktionstermin ist. Die meisten Maßstäbe haben eine M-Kennzeichnung. Hier steht z.B. bei der Produktion im Jahr 2018 ein M18.
Hallo Mirko,
dein Hinweis ist echt toll und das ist nett von dir. Schleichwerbung mag ich aber nicht so sehr 😉
Hey,
Danke!
Ist auf meinem Zollstock schon aufgedruckt und jetzt weiß ich auch wie man es „bedient“ 😉
Hallo Martin,
genial! 😉
Es gibt sogar Meterstäbe die diese Winkel aufgedruckt haben – so einen hatte ich mal von WÜRTH wenn ich mich recht erinnere. Lieder ist der tolle Meterstab bei irgend einer Gelegenheit unter die Räder gekommen – und jetzt habe ich halt die kostenlosen „Werbedinger“ im Einsatz…
Hi Wolfram,
was für eine Ehre, du auf meinem Blog… 😉
Ja, die hatte ich auch mal, aber am Ende greife ich doch am liebsten zurück zur Schmiege…
Es ist zwar nicht so ganz genau, aber dennoch nützlich und auf der Baustelle kommt es auf den Millimeter sowieso nicht an. Im Maschinenbau ist es wichtig, dass es auf den Zehntel genau ist, aber für alle anderen Bereiche wie Holz oder ähnliches kommt es nicht so auf den Millimeter an. Einen Zollstock/Gliedermaßstab hat jeder Handwerker und daher ist es eine wirklich tolle Idee wie man schnell einen passenden Winkel messen kann.
Hallo Michael,
genau, deswegen habe ich das auch so im Beitrag festgehalten.